Florian Graf

Künstler, Zeichner und Bildhauer

Der Künstler Florian Graf war bisher durch seine Kunst auf der ganzen Welt anzutreffen. Er lebte in New York, Edinburgh, London, Chicago, Berlin, Rom oder Paris und stellte seine Kunst auf verschiedenen Kontinenten aus. Ausserdem realisiert er immer wieder spektakuläre Projekte, baute beispielsweise eine Universität in Afghanistan oder wohnte in einem schwimmenden Leuchtturm, der auf dem Bodensee grenzüberschreitend herumgeisterte (Ghost Light Light House). Heute lebt und arbeitet er in Basel.

© Florian Graf, Ghost Light Light House, 2012
Installationsansicht: Bodensee, 2012. Foto: Katja Bode

Florian Graf’s Aufmerksamkeit gilt vor allem architektonischen und sozialen Situationen und deren gegenseitiger Wechselwirkung. Ihn interessiert insbesondere, wie wir uns im Leben einrichten und welche Wirkung Räume auf uns haben. Seine Auseinandersetzung mit den emotionalen, intellektuellen und psychologischen Aspekten von Raum findet in verschiedenen Medien statt, die von Zeichnungen, Skulpturen und Fotografien bis zu Projekten im öffentlichen Raum reichen.

«Wir kreieren die Städte, die wir erdenken. Diese wiederum formen unser Denken und somit künftiges Handeln.»

Was ist Kunst?
Darüber könnten wir jetzt stundenlang diskutieren. Generell ist die bildende Kunst eine Kultur der Kommunikation, mit der etwas ausgetauscht werden kann, das mit zum Beispiel Sprache, Musik oder Gestik so nicht vermittelt werden könnte. Ich für meinen Teil möchte mit meiner Kunst inspirieren, beleben oder anregen und durch sie neues über unser Leben und mich selbst lernen. Ich bin davon überzeugt, dass die Auseinandersetzung mit Kunst das Empathievermögen steigert, kritisches Denken fördert, im weitesten Sinn heilend wirken kann und das Leben sehr viel reicher macht.

Wenn man deine Website besucht, ist man beeindruckt wie viele Kunstwerke du in den letzten Jahren geschaffen hast. Woher nimmst du deine Inspiration und Energie?
Ich lebe mit, durch und oft auch in meiner Kunst. Das ist nicht wie ein normaler Job, auch abends oder am Wochenende denke ich oft an meine aktuellen Projekte, dann kommen mir Ideen, die ich sofort aufzeichne. Dieser Entstehungsprozess ist einerseits sehr anstrengend, weil er mit viel Zweifeln, Entscheidungen und hohem intellektuellem, emotionalem und körperlichem Einsatz verbunden ist. Andererseits bin ich dadurch sehr erfüllt und begeistert und erhalte viel Energie zurück. Inspiration ist schlussendlich nichts anderes als erhöhte Aufmerksamkeit, sie entsteht durch genaues und liebevolles Wahrnehmen, durch konzentriertes Träumen, umfassendes Fühlen und intensives Vorstellen.

Du hast einige Preise für deine Werke erhalten. Welcher hat eine besondere Bedeutung für dich?
Ich habe mich bisher eigentlich über jede Auszeichnung sehr gefreut. Das ist immer eine grosse Motivation. Sehr wichtig waren die Preise vor allem auch wegen der damit verbundenen finanziellen Unterstützung, was vor allem beim Schweizer Kunstpreis der Fall war. Ich lebte anfangs immer aus der Hand in den Mund. Da gab mir ein Preis etwas Luft oder ermöglichte mir, überhaupt ein grösseres Kunstwerk umzusetzen. Ich freue mich auch immer sehr, wenn jemand ein Kunstwerk von mir haben will. Letzte Woche hat wieder ein Museum eine Arbeit von mir angekauft. Das ist immer eine grosse Ehre.

Wo würdest du gerne deine Kunst ausstellen?
Ich kann hoffentlich noch an vielen Orten der Welt ausstellen. Da gibt es ein paar Museen, die ich besonders liebe, wie zum Beispiel das Louisiana Museum in Kopenhagen, die Tate Britain in London oder die Fondation Beyeler in Riehen, bei der ich vor einigen Jahren schon einmal eine Installation im Park realisieren durfte. Vielleicht kann ich später auch drinnen was ausstellen. Ich finde es aber auch immer spannend, für spezielle Orte Projekte zu entwickeln. Das müssen nicht immer Museen oder Galerien sein. Ich habe schon mal in einer Kathedrale oder in einem Englischen Landschaftsgarten ausgestellt oder auf Anfrage Skulpturen für das neue Fussballstadion in Lausanne gemacht. Solche besondere Orte inspirieren mich auch sehr.

Wie wichtig ist Kunst im öffentlichen Raum?
Für mich persönlich ist es eine wunderbare Möglichkeit, Menschen zu erreichen, die sonst nicht unbedingt mit Kunst zu tun haben oder nicht unbedingt Kunstexperten sind. Da kann Kunst ganz direkt ins Alltagsleben einwirken und einen Ort aktivieren oder sogar verzaubern. So entstehen manchmal sehr interessante Dialoge, die im Ausstellungskontext nicht statt finden würden. Die künstlerische Arbeit im öffentlichen Raum erfordert sehr viel Wissen und Erfahrung, sonst kann das schnell sehr unbefriedigend werden. Da hilft mir mein erstes Studium, das der Architektur an der ETH.

Die Skulpturen «Bio Diversity» hast du in Stahl, Holz, Beton und Keramik gefertigt. Was fasziniert dich an diesen Materialien und weshalb hast du dich für diese entschieden?
Mich interessieren Transformationen. Auch unsere Körper und unser Geist verändern sich andauernd. Manchmal fühlen wir uns stark, mal schwach, mal grösser und mal kleiner, mal weicher, mal härter. Durch die Materialwechsel entstehen jedes Mal neue Zustände: die kleinen Keramik-Skulpturen sind eher zerbrechlich und überschaubar und erinnern zum Beispiel an dekorative Vasen. Die grossen Metallskulpturen wirken fast wie Gebäude und schauen auf uns herab. Durch die Materialtransformationen entstehen immer wieder neue Beziehungsräume zwischen dem Betrachter und dem Kunstwerk. Ich finde es auch eine spannende Herausforderung, für unterschiedliche Materialien neue Lösungen zu finden.

© Florian Graf, Bio Diversity, 2021
Installationsansicht: Bruderholz, Basel

© Florian Graf, Bio Diversity (Metal), 2019
Installationsansicht: Kunsthaus Centre d’art Pasquart. Foto: Anita Vozza

Nebst Skulpturen, Installationen und Objekten gestaltest du auch Zeichenbücher mit Bleistift, Tusche und Farbstift sowie Collagen. Wie viele solcher Bücher hast du bereits zusammengestellt?
Bis heute sind es 175 Bücher. Als ich noch von einem Ort zum anderen zog, waren diese Zeichnungs-Bücher fast wie ein Atelier für mich. Wenn ich ein Buch öffnete, war das so, als würde ich eine Tür öffnen, um in einen anderen Raum, in mein fiktives Atelier einzutreten. Beim Zeichnen fühle ich mich zu Hause, da sind meine Gedanken, mein Herz, mein Bauch, meine Hände, überhaupt mein ganzer Körper auf wundersame Art und Weise vereint.

© Florian Graf, Zeichnungsbücher, seit 1999

Bilder zur Verfügung gestellt von Florian Graf.